Tier des Jahres: Wie wir dem Igel helfen können

Autorenbild Anja Vogt

Anja Vogt

Als Tier des Jahres macht der Igel auf die schwierige Situation aufmerksam, in der er sich durch das Insektensterben und den Verlust natürlicher Lebensräume befindet. In diesem Artikel zeigen wir, wie auch ihr den stacheligen Gartenbewohnern mit ganz einfachen Maßnahmen im Alltag helfen könnt.

2 min

25.11.2024

© Rebecca Endres, Igelfreunde Rhein-Pfalz
Rebecca Endres hält einen Pflege-Igel in der Hand
Der kleine Patient hat sich gut entwickelt. Rebecca Endres ist zuversichtlich.

Direkt vor unserer Haustür gibt es Menschen, die sich täglich ehrenamtlich für das Überleben der Igel einsetzen. Eine von ihnen ist unsere Kollegin Rebecca Endres, die neben ihrer Arbeit bei uns in der Abteilung Marktkommunikation, in ihrer Freizeit seit über einem Jahr Teil des engagierten ehrenamtlichen Teams der Igelfreunde Rhein-Pfalz ist. Rebecca stieß – wie viele andere auch – durch Zufall auf ihr neues Hobby. An einem Karfreitag fand sie einen verletzten Igel und wandte sich an die Igelhilfe. „Ich hatte keine Ahnung, was ich machen sollte“, erinnert sie sich. „Doch binnen einer halben Stunde riefen sie mich zurück und gaben mir genaue Anweisungen.“ Nachdem sie den kleinen Igel in die Station gebracht hatte, war sie fasziniert von der Arbeit des Vereins. Seitdem engagiert sie sich dort regelmäßig.

Ehrenamt mit Herz

Der Verein, gegründet von Jan und Björn Wolfmüller, entstand aus einem ähnlichen Erlebnis: Alles begann, als die beiden vor sechs Jahren ein verwaistes Igelbaby fanden und feststellen mussten, dass es gar nicht so einfach war, Hilfe und Informationen zum richtigen Umgang mit einer solchen Situation zu bekommen. Ein Igel ist ein Wildtier, das normalerweise laut Bundesnaturschutzgesetz auch nicht angefasst oder aus seiner natürlichen Umgebung genommen werden darf. Aber was passiert, wenn ich doch einmal einen hilfsbedürftigen Igel finde? Die meisten Tierärzte haben sich auf Haustiere spezialisiert und so ist es hilfreich, dass es bei uns in der Region diese Igelhilfe gibt. Was als kleines Projekt begann, ist heute eine organisierte Igelstation mit einer Vielzahl an ehrenamtlichen Helfern und jeder Menge Know-how.

Der Alltag in der Station

Rebecca erzählt von der täglichen Arbeit: „Die Igel sind nachtaktiv, daher beginnt unser Stationsdienst um 18 Uhr. Zwei Helfer reinigen die Boxen, wiegen die Tiere, geben Medikamente und füllen Wasser sowie Futter nach.“ Die Arbeit dauert meist 2 bis 2,5 Stunden, und das sieben Tage die Woche. Doch es lohnt sich: „Es ist ein unglaublich schönes Gefühl, wenn ein Igel wieder gesund in die Freiheit entlassen werden kann.“ In den Boxen, die aus Platzgründen in Schwerlastregalen stehen, befinden sich in Spitzenzeiten bis zu 18 Igel. Doch nicht jeder Igel kann sofort wieder an dem Ort seines Auffindens ausgewildert werden. In einigen Fällen bleiben die Tiere länger in der Station, müssen aufgepäppelt oder von einem spezialisierten Tierarzt operiert werden. Wenn es auf die Winterzeit zugeht, müssen die Igel auch erst einmal in Auswilderungsgehegen untergebracht werden, um sie gut über den Winter zu bringen, an die Freiheit zu gewöhnen und im Frühjahr dann freizulassen.

Wie ihr Igeln helfen könnt - mit ganz einfachen Maßnahmen

1. Futterstellen und Wasser anbieten

Igel freuen sich über Futterstellen, doch es ist wichtig, das Richtige anzubieten. Auf „Igelfutter“ aus dem Handel solltet ihr verzichten, da es oft ungeeignete Zutaten wie Getreide, Rosinen oder Nüsse enthält und bietet dem Igel auf keinen Fall Milch an. Er würde sie trinken, aber da er Laktose nicht verdauen kann, kann er krank davon werden und könnte sogar daran sterben.

  • Ideal ist Katzenfutter – sowohl Trocken- als auch Nassfutter mit mindestens 60% Fleischanteil als Paté. Achtet bitte unbedingt darauf, dass es ohne Sauce, Gelee und ohne Getreide ist. Auch günstige Angebote, z.B. 400-Gramm-Dosen von Discountern, sind völlig in Ordnung. Hauptsache der Fleischanteil stimmt, und es ist getreide- und laktosefrei.
  • Eine Mischung aus getreidefreien Trockenfuttersorten und getrockneten Soldatenfliegenlarven ist ebenfalls eine gute Wahl. Auch Mehlwürmer könnt ihr sparsam hinzufügen.

2. Sauberkeit & Vorsicht

Sauberkeit in der Futterstation

Reinigt regelmäßig die Futternäpfe, um Fliegenbefall zu verhindern. Fliegeneier am Futter können sich am Fell der Igel festsetzen, die einen Madenbefall nach sich ziehen, der unbehandelt tödlich ist.

Igel zusammengerollt zu zweit auf Teller

Vorsicht im Straßenverkehr

Wenn ihr im Straßenverkehr einen Igel seht, fahrt bitte umsichtig. Sie sind sehr schnell. Wenn Ihr einen verletzten Igel seht und anhalten könnt, sammelt ihn ein und nehmt Kontakt zu einer Igelstation auf.

3. Sorgfältiger Umgang im Garten

Viele Igel verbergen sich tagsüber in Laubhaufen oder unter Büschen. __Seid beim Einsatz von Gartengeräten wie Laubbläsern, Trimmern oder Rasenmähern besonders vorsichtig. Mähroboter sind gefährlich __für die kleinen Tiere und sollten vermieden werden. Schafft zudem natürliche Rückzugsorte wie Laub- und Reisighaufen und lasst Bereiche eures Gartens wild und naturnah. Insbesondere in Vorbereitung auf den Winter brauchen die Tiere viel Material, um Nester zu bauen. Auch deren Nahrungsgrundlage, die Insekten, brauchen abgestorbene Pflanzen. Etwas mehr liegen lassen, sichert das Überleben von verschiedensten Lebewesen.

Patienten auf der Igelstation

Nutzen wir unser Wissen und unsere Möglichkeiten, um einen positiven Beitrag zur Artenvielfalt zu leisten.

Rebecca Endres kümmert sich ehrenamtlich um einen Igel
© Rebecca Endres, Igelfreunde Rhein-Pfalz
Igel rollt sich zusammen
© Rebecca Endres, Igelfreunde Rhein-Pfalz
Ein Igel liegt auf der Waage, ein deutlich kleinerer Igel rollt sich in der Hand zusammen
© Rebecca Endres, Igelfreunde Rhein-Pfalz
Vier junge Igel, die bei den Igelfreunden Rhein-Pfalz aufgepäppelt werden
© Rebecca Endres, Igelfreunde Rhein-Pfalz

Hilfe! Ich habe einen Igel gefunden. Was ist zu tun?

Igel rollt sich zusammen
© Rebecca Endres, Igelfreunde Rhein-Pfalz

„Notfälle sind oft eine Grauzone“, erklärt Rebecca. Ein „Hungerknick“ im Nacken, Fliegen oder gar offene Verletzungen sind auf jeden Fall klare Anzeichen, dass ein Igel Hilfe braucht. In solch einem Fall sollte der Igel beherzt aber vorsichtig mit Handschuhen, einer Zeitung, einer Decke oder einfach mithilfe von etwas Laub gesichert und in einem __ausbruchssicheren (hohen!) Karton __untergebracht werden. Keine Angst! Er beißt Euch nicht. Aber seid Euch darüber im Klaren: Igel sind Ausbruchskünstler!

Bitte stattet den Karton noch mit einem Handtuchnest (Aufhänge-Schlaufen bitte abschneiden) aus und sorgt dafür, dass der Igel es warm hat. Sofern sich der Igel sehr kalt anfühlt, ist eine Wärmflasche wichtig. Aber wer keine zur Hand hat, kann auch einfach eine leere PET-Flasche mit lauwarmem Wasser füllen und mit einem Handtuch umhüllen. Was ihr bitte keinesfalls benutzen solltet ist eine Wärmelampe, denn dies kann zur Austrocknung der Haut führen.

Wie ihr dem Verein helfen könnt

Es gibt viele Möglichkeiten, wie ihr die Igelhilfe aktiv unterstützen könnt. Die Igelstation in Bobenheim-Roxheim ist stets auf der Suche nach tatkräftigen Helfern. Neben Spenden für Futter, Medikamente und Materialien gibt es auch praktische Mithilfe, die dringend benötigt wird:

  • Stationsdienst (Helfer für die tägliche Versorgung der Igel)
  • Sachspende von Verbrauchsmaterialien wie Toilettenpapier und Einweghandschuhen (zur Reinigung)
  • Handwerklich begabte Menschen können beim Bau von Igelhäusern und Auswilderungsgehegen helfen
  • Näher und Näherinnen für die Herstellung von Schlafsäcken
  • Leihgabe von Käfigen für die Auswilderung
  • Menschen mit Platz für die Auswilderungsgehege und der Möglichkeit, dem Igel einen überwachten Winterschlafplatz anzubieten

Wer die Igelfreunde Rhein-Pfalz mit einer Geldspende unterstützen möchte, kann dies gerne via Paypal an info@igelfreunde-rp.de tun. Und natürlich könnt ihr auch gerne Mitglied im Verein werden und so eure regelmäßige Unterstützung sicherstellen.

Ein Igel liegt auf der Waage, ein deutlich kleinerer Igel rollt sich in der Hand zusammen

Warum ist uns der Igelschutz wichtig?

Igel sind Nützlinge

Igel sind ein wichtiger Bestandteil unseres Ökosystems. Sie tragen zur natürlichen Regulierung von Schädlingen bei, indem sie zahlreiche Insekten und andere Kleintiere fressen. Lebensraumverlust, Verkehr und Insektensterben tragen zu einem rasanten Rückgang der Igelpopulationen bei.

Besonders besorgniserregend ist, dass über 75 % der weltweit angebauten Obst- und Gemüsearten auf die Bestäubung durch Insekten angewiesen sind. Diese sind aber nicht nur für die Bestäubung von Pflanzen zuständig, sondern sie übernehmen auch andere wichtige Aufgaben wie den Abbau organischer Materialien und die Unterstützung von Bodenfruchtbarkeit. Das Verschwinden von Insekten hat direkte Auswirkungen auf die Nahrungsmittelproduktion und die Gesundheit von uns Menschen und von unserer Umwelt.

Artenvielfalt

Da die Insekten einen Großteil seiner täglichen Nahrung ausmachen, greift der Igel dann auf mehr Regenwürmer und Schnecken zurück. Als Parasitenüberträger sind sie im Übermaß genossen für die Igel aber nicht zuträglich. So kann es vorkommen, dass Igel trotz regelmäßiger Futteraufnahme durch einen starken Parasitenbefall an Gewicht abnehmen.

Auch EWR engagiert sich aktiv für Nachhaltigkeit und Artenvielfalt, denn nur gemeinsam können wir das sechste große Artensterben in der Erdgeschichte eindämmen. Ein stabiler Igelbestand ist ein wichtiger Indikator für ein intaktes Ökosystem. Indem wir den Igel und seine Lebensräume schützen, tragen wir zur Erhaltung der biologischen Vielfalt und zu einem gesunden Gleichgewicht in der Natur bei.

Die Natur kann ohne den Menschen leben, aber der Mensch kann nicht ohne die Natur leben.

Wissenswertes über Igel

Wusstet Ihr eigentlich schon, dass ...

  • Igel keine Milch trinken dürfen?
  • sie sich fast ausschließlich von Fleisch und Insekten ernähren?
  • Getreide, Haferflocken und Nüsse schädlich für Igel sind?
  • Igel keine Äpfel essen, wie es in vielen Kinderbüchern fälschlicherweise erzählt wird?
  • der übermäßige Verzehr von Regenwürmern und Schnecken zu gefährliche Innenparasiten führt?
  • der Winterschlaf für Igel überlebenswichtig ist
  • Männchen früher in den Winterschlaf gehen als Weibchen, weil diese sich noch um den Nachwuchs kümmern müssen?
  • Igel vor dem Winterschlaf mindestens 500 bis 600 Gramm wiegen müssen, um den Winterschlaf gut zu überstehen?
  • Sie bei zu hohen Temperaturen oder Sonneneinstrahlung auf den Schlafplatz zu früh aus dem Winterschlaf aufwachen und dann ggfs. keine Nahrung finden?
  • ein ausgewachsener Igel 5.000 – 7.000 Stacheln besitzt?

Woher kommt eigentlich der Begriff „Schweinigel“?

Der Begriff „Schweinigel“ war ursprünglich ein Schimpfwort, das einen unreinlichen oder unmoralischen Menschen beschreibt. Aber es beschreibt auch humorvoll und herrlich realistisch die Tatsache, dass Igel beim Fressen und in ihren Boxen oft ordentlich Chaos hinterlassen. In der Igelstation sieht man dies oft, wenn Igel gleichzeitig fressen und ihr Geschäft verrichten – ähnlich wie bei Schweinen, daher der liebevolle Spitzname.

In der Igelstation werden die Boxen der stacheligen Patienten täglich gereinigt. Desinfektionsmittel werden allerdings nur sehr sparsam eingesetzt. Igel reagieren sehr empfindlich auf die Ausdünstungen dieser chemischen Mittel, weshalb der Einsatz auf das Nötigste reduziert wird.

Was ist der Unterschied zwischen einem Futter- und einem Schlafhaus

Ein Futterhaus und ein Schlafhaus sind übrigens nicht dasselbe. Diese sollten in einigem Abstand voneinander aufgestellt werden, um zu vermeiden, dass Fressfeinde (wie Füchse, Eulen oder Waschbären) den Ruheplatz des Igels finden.

Außerdem sollten Futterhäuser immer mindestens zwei Eingänge haben, um dem Igel im Notfall einen schnellen Ausweg zu bieten. Igel sind einfach Einzelgänger und es kann durchaus zu Revierkämpfen kommen. Außerdem an die Eingänge des Futterhauses Rattenklappen anbringen, um zu verhindern, dass unerwünschte Tiere wie Ratten oder andere Fressfeinde das Futter plündern.

Unser Tipp! Baut euren Gartenbewohnern ein Igelschlafhaus - so geht's

So sieht ein fertiges Igelschalfhaus aus.

Ein Schlafhaus im Garten bietet den stacheligen Besuchern nicht nur einen sicheren Rückzugsort, sondern auch eine Überwinterungsmöglichkeit. Hier ist eine einfache Bauanleitung:

Materialien: • Unbehandeltes Holz (mindestens 2 cm dick) • Wasserdichtes Dachmaterial (z.B. Dachpappe) • Schrauben, Hammer, Nägel • Sand oder Kies (für den Boden) • Laub

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